
Vorsorgevollmacht, Erwachsenenvertretung und Patientenverfügung im Überblick
Wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, wichtige Entscheidungen zu treffen, können rechtliche Instrumente wie Vorsorgevollmacht, Erwachsenenvertretung und Patientenverfügung eine gute Unterstützung darstellen. So können persönliche Wünsche in puncto Finanzen und Gesundheit respektiert werden und die Selbstbestimmung größtenteils erhalten bleiben. In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Informationen zur Vorsorgevollmacht und zur Erwachsenenvertretung für Sie zusammengefasst, wir erklären Ihnen ebenso, was eine Patientenverfügung ist und warum es sich lohnt, sich rechtzeitig mit diesen Themen zu befassen.
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Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertretung: Definition, Voraussetzungen und Gemeinsamkeiten
Unter Vorsorgevollmacht versteht man eine vorzeitig erteilte Vollmacht, die dann wirksam wird, wenn eine Person nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen (etwa wegen Demenz oder einer ähnlichen Erkrankung). Bevollmächtigt werden meist nahestehende Personen wie Angehörige oder Freunde.
Eine Erwachsenenvertretung wird dann benötigt, wenn eine volljährige Person aufgrund einer physischen Krankheit oder Beeinträchtigung ihre Entscheidungen nicht selbst treffen kann und die Erteilung einer Vorsorgevollmacht nicht (mehr) möglich ist.
Es gibt vier Vertretungsarten für vertretungsbedürftige volljährige Personen:
- durch einen Vorsorgebevollmächtigten,
- durch einen gewählten,
- durch einen gesetzlichen, oder
- durch einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter
Im ersten Fall kann die Person noch selbst entscheiden und einen Bevollmächtigten vorsorglich einsetzen; dieser wird erst im Vorsorgefall tätig. Im zweiten Fall kann eine volljährige Person (sofern sie geistig dazu in der Lage ist, diese Entscheidung zu treffen) selbst eine Vertretungsperson wählen, die sofort tätig wird (= gewählte Erwachsenenvertretung). Ein gesetzlicher Erwachsenenvertreter kommt dann zum Einsatz, wenn der Betroffene nicht selbst für sich entscheiden kann; meist wird er dann durch Vertrauenspersonen wie seine nächsten Angehörigen vertreten. Ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter wird vom zuständigen Gericht für bestimmte Vertretungshandlungen bestellt.
In puncto Form, Registrierung und Abberufung weisen die Vorsorgevollmacht und die Erwachsenenvertretung viele Gemeinsamkeiten auf.
Wer darf jemanden vertreten?
Grundsätzlich darf jemand als Vorsorgebevollmächtigter und Erwachsenenvertreter eingesetzt werden,
- der selbst nicht schutzberechtigt ist (minderjährig oder selbst durch einen Erwachsenenvertreter vertreten),
- von dem eine Ausübung der Vertretung zum Wohl der volljährigen Person zu erwarten ist,
- der sich nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer vergleichbar engen Beziehung zu einer Einrichtung befindet, in der sich die volljährige Person aufhält oder von der diese betreut wird,
- der in keinem Interessenskonflikt zur betroffenen Person steht.
Eine Person darf maximal 15 Personen vertreten (ausgenommen sind Notare oder Rechtsanwälte, sofern sie gewisse Voraussetzungen erfüllen). Es besteht auch die Möglichkeit, dass mehrere Erwachsenenvertreter für eine Person tätig werden, sofern alle für unterschiedliche Wirkungsbereiche eingesetzt werden.
Die Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht dient dem Zweck, selbst für den Ernstfall vorzusorgen: Ist etwa aufgrund einer Krankheit vom Verlust der Entscheidungsfähigkeit auszugehen, kann eine Vertrauensperson bestimmt werden, die für einen selbst wichtige Entscheidungen treffen darf.
Die Vorsorgevollmacht muss höchstpersönlich und schriftlich vor einem Rechtsanwalt oder Notar errichtet und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden. Hegt der Notar oder Anwalt Zweifel an der Eignung des Bevollmächtigten oder an der Entscheidungsfähigkeit, darf er die Errichtung der Vollmacht ablehnen.
Wirksam wird die Vollmacht erst, wenn der Vollmachtgeber seine Entscheidungsfähigkeit verliert und dies durch ein ärztliches Zeugnis bestätigt wird. Erlangt der Vollmachtgeber seine Entscheidungsfähigkeit wieder, kann die Vorsorgevollmacht beendet werden. Auch ein Widerruf ist möglich, und zwar dann, wenn die vertretene Person zu erkennen gibt, dass sie nicht
mehr von dem Bevollmächtigten vertreten sein will.
Welche Lebensbereiche deckt die Vorsorgevollmacht ab?
Eine Vorsorgevollmacht kann für gewisse Bereiche oder Arten von Angelegenheiten eingesetzt werden; Generalvollmachten sind unzulässig. Eine Vorsorgevollmacht kann beispielsweise alle Bankgeschäfte des Betroffenen oder auch seine gesundheitliche Versorgung abdecken. Die Vertretungshandlungen sind gesetzlich nicht genau definiert; dadurch soll den zu vertretenden Personen ein gewisser Grad an Autonomie erhalten bleiben.
Die Erwachsenenvertretung
Es gibt viele Gründe, wieso erwachsene Menschen vertreten werden (müssen). Zumeist liegt es daran, dass sie psychisch krank oder aufgrund einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind.
Man unterscheidet zwischen gewählter, gesetzlicher und gerichtlicher Erwachsenenvertretung.
Unterschied zwischen gewählter, gesetzlicher und gerichtlicher Erwachsenenvertretung
Die drei Vertretungsarten unterscheiden sich in manchen Punkten:
- Gewählte Vertretung: Eine betroffene Person, die zwar selbst nicht in der Lage ist, gewisse Entscheidungen zu treffen und Angelegenheiten zu erledigen, aber noch so weit in der Lage ist, die Bedeutung und Folgen einer Bevollmächtigung zu verstehen, kann selbst ihre Vertretung wählen. Damit die Vertretung wirksam werden kann, bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem Betroffenen und seinem Vertreter, in der die Befugnisse des Vertreters genau festgelegt werden.
- Gesetzliche Erwachsenenvertretung: Hier bestimmt das Gesetz, dass die näheren Angehörigen für eine betroffene Person vertretungsbefugt sind. Ausschlaggebend ist meist die Tatsache, dass die zu vertretende Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit ihre Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann. Die Vertretung unterliegt einer gerichtlichen Kontrolle und ist auf drei Jahre befristet (Verlängerung möglich).
- Gerichtliche Erwachsenenvertretung: Diese Vertretungsart kommt dann zum Einsatz, wenn der Betroffene keinen Vertreter hat, keinen Vertreter wählen kann oder möchte, eine gesetzliche Vertretung nicht in Frage kommt, die bestehende Vertretung nicht ausreicht oder weil der bestehende Vertreter nicht zum Wohl der Person handelt.
Damit die angeführten Vertretungen Gültigkeit erlangen, ist eine Eintragung im Österreichischen entralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) nötig.
Wer darf Erwachsenenvertreter werden?
Gibt es eine Vereinbarung, wird jene Person zum Erwachsenenvertreter, die im jeweiligen Dokument vorgesehen ist. Ist diese Person nicht verfügbar oder nicht geeignet, soll eine nahestehende Person diese Rolle übernehmen. Kommt auch das nicht infrage, wird ein Erwachsenenschutzverein bestellt (Anmerkung: Erwachsenenschutzvereine sind Vereine in Österreich, die Aufgaben im Erwachsenenschutzrecht übernehmen und von der öffentlichen Hand gefördert werden.). Ist auch das nicht möglich, dann kann ein Anwalt, Notar oder eine andere geeignete Person zum Vertreter ernannt werden.
Welche Aufgaben übernimmt ein Erwachsenenvertreter?
Eine vertretungsbefugte Person kann eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen. Diese sind unter anderem:
- Vertretung in gerichtlichen Verfahren
- Vermögensverwaltung
- Abschluss von Rechtsgeschäften zur Deckung des Pflege- und Betreuungsbedarfs
- Entscheidung über medizinische Behandlungen
- Änderung des Wohnortes und Abschluss von Heimverträgen
Bezüglich der Vermögensverwaltung haben Personen mit Erwachsenenvertreter die Möglichkeit, gewisse Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens selbst abzuschließen. Dazu zählen beispielsweise der Kauf von Lebensmitteln, Kleidung, kleineren Einrichtungsgegenständen und die alltägliche Freizeitgestaltung (Kino- oder Kaffeehausbesuch). Alltagsgeschäfte auf Kredit sind nicht gestattet, diese bedürfen dem Einverständnis des Vertreters.
Voraussetzung für eine Erwachsenenvertretung
Um zum Erwachsenenvertreter bestellt zu werden, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Wie eine Vorsorgevollmacht muss auch eine Erwachsenenvertretung im ÖZVV von einem Anwalt oder einem Notar eingetragen werden.
- Darüber hinaus muss die zu vertretende Person die Möglichkeit haben, der Vertretungsbefugnis zu widersprechen.
- Die zu vertretende Person muss über die Rechte und Pflichten des Vertreters aufgeklärt werden (Ausnahme: Die Person liegt im Koma).
- Der Anwalt oder Notar muss vorab das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vertretung sowie die Eignung des Vertreters überprüfen.
Rechte und Pflichten des Erwachsenenvertreters
Ein Erwachsenenvertreter hat umfangreiche Pflichten, aber natürlich auch einige Rechte:
- Regelmäßiger Kontakt: Sofern nicht anders vereinbart, muss der Erwachsenenvertreter mindestens einmal pro Monat persönlichen Kontakt zur vertretenen Person haben.
- Verschwiegenheitspflicht: Außer über das geistige und körperliche Wohlbefinden, den Wohnort und den Wirkungsbereich der betroffenen Person darf der Vertreter keine Informationen an nahe Angehörige und andere Personen weitergeben.
- Gewährung von Autonomie: Der Erwachsenenvertreter muss sicherstellen, dass die durch ihn vertretene Person möglichst autonom und nach eigenen Wünschen und Vorstellungen leben kann.
- Informationspflicht: Über Entscheidungen, die die vertretene Person oder ihr Vermögen betreffen, muss der Erwachsenenvertreter seinen „Schützling“ rechtzeitig informieren und ihm die Möglichkeit geben, sich darüber zu äußern.
- Berichtspflicht: Einmal pro Jahr muss der Erwachsenenvertreter dem Gericht einen „Lebenssituationsbericht“ vorlegen und über den Wohnort, das Befinden sowie über die besorgten und im nächsten Jahr zu besorgenden Angelegenheiten berichten sowie den Vermögensstand der vertretenen Person angeben.
- Aufbewahrungspflicht: Der Vertreter ist verpflichtet, Belege über die Verwaltung wesentlicher Vermögenswerte zu sammeln und aufzubewahren und er muss dem Gericht den Erwerb unbeweglicher Sachen sowie Vermögensgeschäfte über 15.000 Euro melden.
- Vergütung und Ersatz der Auslagen: Für seine Tätigkeit hat der gerichtliche Erwachsenenvertreter einen Entgeltanspruch und einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen/Auslagen. Ob einem gewählten Erwachsenenvertreter ein Entgeltanspruch zusteht, hängt von der getroffenen Vereinbarung ab. Ein Anspruch auf Ersatz der für den Betroffenen aufgewendeten Aufwendungen/Auslagen steht ihm und dem gesetzlichen Erwachsenenvertreter jedenfalls zu.
Wann endet die Vertretungsbefugnis des Erwachsenenvertreters?
Eine Vertretungsbefugnis endet entweder mit dem Tod der vertretenen Person oder des Vertreters, durch gerichtliche Entscheidung, durch die Eintragung des Widerspruchs der vertretenen Person oder ihres Vertreters im ÖZVV oder durch Zeitablauf. Die Vertretungsbefugnis ist üblicherweise auf drei Jahre beschränkt und kann verlängert werden.
Die Patientenverfügung
Wer im Vorfeld gewisse medizinische Behandlungen im Ernstfall ausschließen möchte, sollte eine Patientenverfügung errichten, um sein Recht auf Selbstbestimmung zu wahren. Meist geht es dabei um lebenserhaltende Maßnahmen, wie etwa die künstliche Ernährung mittels Magensonde, künstliche Beatmung oder Wiederbelebungsmaßnahmen.
Eine Patientenverfügung ist im Normalfall acht Jahre gültig und kann erneuert werden. Sie bedarf der Schriftform und erfordert eine umfassende ärztliche Aufklärung. Ein Anwalt oder Notar kann dann eine verbindliche Patientenverfügung finalisieren. Behandelnde Ärzte müssen dem Wunsch der betroffenen Person laut Patientenverfügung Folge leisten
Fazit
Vorsorgevollmacht, Erwachsenenvertretung und Patientenverfügung sind wichtige rechtliche Instrumente, um Selbstbestimmung und persönliche Wünsche auch dann zu sichern, wenn man nicht mehr entscheidungsfähig ist. Während die Vorsorgevollmacht rechtzeitig errichtet werden sollte, greift die Erwachsenenvertretung, wenn die Entscheidungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Die Patientenverfügung wiederum ermöglicht es, medizinische Behandlungen nach eigenen Vorstellungen festzulegen. Wer sich frühzeitig mit diesen Themen auseinandersetzt, schafft Klarheit für sich selbst und entlastet Angehörige.
FAQ
Was ist eine Vorsorgevollmacht in Österreich?
Eine Vorsorgevollmacht ist eine schriftliche Vollmacht, mit der eine Person bereits im Voraus bestimmt, wer sie vertreten soll, wenn sie später ihre Entscheidungsfähigkeit verliert. Sie wird vor einem Notar, Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein errichtet und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert.
Ist eine Vorsorgevollmacht auch ohne Notar gültig?
Eine Vorsorgevollmacht muss nicht zwingend von einem Notar errichtet werden; dies kann auch ein Anwalt oder ein Erwachsenenschutzverein übernehmen. Eine privat erstellte, handschriftliche Vollmacht reicht als Vorsorgevollmacht nicht aus.
Was ist besser, Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist weniger umfangreich als eine Vorsorgevollmacht; sie regelt nur, welche medizinischen Behandlungen im Ernstfall abgelehnt werden. Eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine nahestehende Person, für einen selbst Entscheidungen zu treffen, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Diese können rechtlicher, finanzieller oder medizinischer Natur sein.
Was macht die Erwachsenenvertretung?
Die Erwachsenenvertretung wird meist von geistig beeinträchtigten Personen benötigt, die gewisse Entscheidungen nicht (mehr) selbst treffen können. Ihnen wird ein Vertreter zur Seite gestellt (selbst gewählt, ein naher Angehöriger oder durch das Gericht bestellt), dem gewisse Vertretungsbefugnisse eingeräumt werden bzw. der gewisse Vertretungsbefugnisse bekommt.
Was ist der Unterschied zwischen Erwachsenenvertretung und Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht ist eine selbstbestimmte Entscheidung im Voraus, bei der man seine Vertretungsperson für den Fall, dass man selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist, selbst wählt. Die Erwachsenenvertretung tritt dann ein, wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt und die betroffene Person nicht für sich selbst entscheiden kann. Die Vertretung wird dann zumeist von Angehörigen übernommen oder vom Gericht bestellt.
Wie macht man eine Patientenverfügung in Österreich?
Für eine verbindliche Patientenverfügung muss die Person eine medizinische Aufklärung durch einen Arzt erhalten und die Verfügung schließlich durch einen Anwalt oder Notar finalisieren lassen.
Was ist eine Patientenverfügung und wozu dient sie?
Eine verbindliche Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Maßnahmen wie Wiederbelebungsmaßnahmen, künstliche Beatmung und Ernährung im Notfall abgelehnt werden sollen. Ärzte sind daran gebunden und müssen sich an die Anweisungen laut Patientenverfügung halten.
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