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Verfassungen und Gesetzesbücher zu Thema Erbrecht in der Kanzlei von Peter Rittinger

Ehegattenerbrecht und Erbrecht der Lebensgefährten

Das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners oder des eingetragenen Partners ist in § 744 ABGB geregelt. Nach dem Tod eines Ehegatten haben die Hinterbliebenen unterschiedliche Erbansprüche. Die genaue Verteilung richtet sich nach der Größe der Familie und dem Verwandtschaftsverhältnis der Erben, was sich in der sogenannten Erbquote widerspiegelt. Es ist ebenfalls entscheidend, ob es noch Nachkommen oder andere engere Verwandte gibt. Seit der Erbrechtsreform 2017 sind eingetragene Partnerschaften Ehen im Erbrecht weitgehend gleichgestellt. So gilt das Ehegattenerbrecht auch für eingetragene Partner.

Ihr Anwalt für Familienrecht und Eherecht berät Sie gerne zu diesen Themen.

Wir haben die wichtigsten Informationen zum Thema Ehegattenerbrecht für Sie zusammengefasst:

  • Rechte der Ehepartner im Todesfall: Wer erbt wie viel?
  • Ehegattenerbecht im Scheidungsfall
  • Gilt das Ehegattenerbrecht auch für Lebensgefährten?
  • Pflichtteilsrecht und Berechnungen
  • Enterbung: Unter welchen Umständen kann man enterbt werden?
  • Wie berechnet sich die Höhe des Pflichtteils?
  • Pflichtteilsklage, Pflichtteilsergänzungsklage

Hierzu können Sie in unserem Blogbeitrag allgemeine Informationen zum Thema Erbrecht nachlesen.

Rechte der Ehepartner im Todesfall: Wer erbt wie viel?

Bei der Höhe des Erbanspruchs kommt es darauf an, ob neben dem Ehegatten Nachkommen (Kinder und Enkelkinder) existieren und wenn nicht, ob die Eltern des Erblassers noch am Leben sind. Daraus leitet sich die Höhe des Anspruchs auf das Erbe des Verstorbenen laut der gesetzlichen Erbfolge ab.

Fall 1: Ehegattin / Ehegatte, Kinder

Existieren Nachkommen, erhält der Ehepartner ein Drittel des Nachlasses, während die Kinder (die sogenannte 1. Parentel) zwei Drittel erben. Hierbei gilt es zu beachten, dass das gesetzliche Vorausvermächtnis für den Ehepartner zusätzlich zum Erbteil gewährt wird. Dazu gehören das Wohnrecht in der ehelichen Wohnung sowie die Nutzung des Mobiliars.

Fall 2: Ehegattin / Ehegatte, Eltern

Sind keine Nachkommen vorhanden und die Eltern des Verstorbenen noch am Leben, erhalten sie gemeinsam ein Drittel des Erbes, der Ehegatte erhält zwei Drittel. Geschwister des Verstorbenen gehen in diesem Fall leer aus. Ist nur noch ein Elternteil am Leben, erhält er nur ein halbes Drittel (also ein Sechstel), der Rest geht an den Ehegatten, wenn keine weiteren Geschwister vorhanden sind.

Zusätzlich zum Erbteil kann dem Ehepartner ein sogenanntes „Vorausvermächtnis“ zustehen. Er erhält also bereits im Voraus gewisse Teile als Vermächtnis, wie etwa ein Wohnrecht in der gemeinsamen Wohnung sowie die Nutzung des Mobiliars und der sich in der Wohnung befindlichen Objekte. Der Überlebende erhält das Vorausvermächtnis zusätzlich zum Erbe.

Hat einer der Erben zu Lebzeiten des Erblassers eine größere Schenkung des nun Verstorbenen erhalten, wird dieser Vermögenswert auf Antrag auf den Erbteil angerechnet und verringert im Erbfall die Höhe des Anspruchs des Beschenkten.

Ehegattenerbecht im Scheidungsfall

Wurde die Ehe vor dem Tod eines Ehepartners rechtskräftig geschieden, hat der überlebende Ex-Ehepartner seine Erbansprüche verwirkt und das Erbe wird quotenmäßig an etwaige Nachkommen, und in Ermangelung von Nachkommen an noch lebende Eltern oder andere Verwandte aufgeteilt. Eine Ausnahme besteht nur, wenn im Erbvertrag etwas anderes festgelegt wurde.

Mehr dazu finden Sie in unserem Blogbeitrag zum Thema Scheidung.

Gilt das Ehegattenerbrecht auch für Lebensgefährten?

Rechtlich gesehen gilt das Ehegattenerbrecht für Lebensgefährten per se nicht. Damit ein Lebensgefährte im Ablebensfall erbrechtlich bedacht wird, bedarf es eines Testaments. Lebensgefährten sind in diesem Fall also gegenüber Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern schlechter gestellt.

Allerdings haben Lebensgefährten Anspruch auf ein gesetzliches (wenngleich sehr geringes) Vorausvermächtnis: Sie dürfen bis zu einem Jahr nach dem Tod des Erblassers die gemeinsam bewohnte Wohnung und die darin enthaltenen Gegenstände benützen.

Lediglich das „Sondererbrecht für Lebensgefährten“ sieht unter anderem vor, dass dem Lebensgefährten des Verstorbenen die gesamte Erbschaft zufällt, sofern kein gesetzlicher Erbe vorhanden ist. Voraussetzung ist weiters, dass die Lebensgefährten zumindest in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen im gemeinsamen Haushalt in einer Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben.

Pflichtteilsrecht und Berechnungen

In Österreich regelt das Pflichtteilsrecht die Ansprüche von nahen Angehörigen am Nachlass einer verstorbenen Person. Das Pflichtteilsrecht ist Teil des Erbrechts und gewährleistet, dass bestimmte Familienmitglieder auch dann einen ihnen Anteil am Verlassenschaftsvermögen erhalten, wenn sie im Testament des Verstorbenen nicht oder nicht ausreichend bedacht wurden.

Pflichtteilsberechtigt sind in der Regel die Kinder und der Ehegatte des Verstorbenen (= 1. Parentel). Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil wiederum hängt davon ab, wie viele gesetzliche Erben vorhanden sind. Es ist möglich, dass eine Person auf ihren Pflichtteil verzichtet. Dies muss jedoch ausdrücklich und schriftlich erfolgen.

Da es sich bei Erbschaften nicht immer nur um reines Geldvermögen handelt, muss das der Erbmasse hinzuzurechnende Sachvermögen bewertet werden. Dies ist häufig schwierig, da materielle Vermögenswerte für unterschiedliche Personen einen unterschiedlichen Wert haben können und auch der Zeitpunkt der Bewertung eine maßgebliche Rolle spielen kann (objektiver vs. subjektiver Wert, ex-post- oder ex-ante-Bewertung, etc.).

Enterbung: Unter welchen Umständen kann man enterbt werden?

Unter Enterbung wird genau genommen nicht der Ausschluss vom gesetzlichen Erbrecht, sondern die Entziehung des Pflichtteils verstanden. Eine Enterbung kann durch den Erblasser angeordnet werden; es müssen allerdings gute Gründe vorliegen, um den Erben von seinem Pflichtteil auszunehmen.

Enterbungsgründe können unter anderem sein:

  • Begehung einer Straftat gegen den Verstorbenen oder dessen nahe Angehörige
  • Versuch der Manipulation des letzten Willens des Verstorbenen
  • Zufügung schweren seelischen Leids des Verstorbenen
  • Verletzung familienrechtlicher Pflichten gegenüber dem Verstorbenen
  • Begehung einer vorsätzlichen strafbaren Handlung, die mit lebenslanger oder zwanzigjähriger Freiheitsstrafe geahndet wurde

Man unterscheidet zwischen Enterbungs- und Erbunwürdigkeitsgründen. Während Erbunwürdigkeitsgründe zumeist Enterbungsgründe darstellen, muss dies nicht auch umgekehrt der Fall sein: Das Gesetz lässt die Enterbung auch bei Vergehen zu, die nicht zur Erbunwürdigkeit führen (bspw. Verletzung von ehelichen Beistandspflichten).

Wie berechnet sich die Höhe des Pflichtteils?

In einem ersten Schritt werden die oben genannten, gesetzlichen Erbquoten ermittelt (-> Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils), anschließend muss die Höhe der Verlassenschaft berechnet werden. Dafür werden die Vermögenswerte (Aktiva) abzüglich der Verbindlichkeiten (Passiva) wie beispielsweise Steuerschulden, Kosten des Begräbnisses oder offene Rechnungen, berechnet. Die Differenz stellt die reine Verlassenschaft dar.

Vermächtnisse, wie etwa das Pflegevermächtnis oder etwaige Vorausvermächtnisse, schmälern die Verlassenschaftsansprüche nicht; Schenkungen auf den Todesfall hingegen sehr wohl. Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen können unbefristet zur Verlassenschaft hinzugerechnet werden, Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen nur dann, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind.

Um die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil zu ermitteln, sind alle anrechnungspflichtigen Schenkungen der reinen Verlassenschaft hinzuzurechnen, um so die ziffernmäßigen Pflichtteile zu ermitteln.

Kann der Pflichtteil gemindert werden?

Das Fehlen eines Naheverhältnisses zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem kann zu einer Pflichtteilsminderung führen, allerdings nur dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte an dessen Fehlen schuld ist. In diesem Fall kann der Pflichtteil auf die Hälfte gemindert werden. Trägt allerdings der Verstorbene die Schuld am fehlenden Kontakt, kann der Pflichtteilsberechtigte auf seinen kompletten Pflichtteil beharren.

Pflichtteilsklage, Pflichtteilsergänzungsklage

Fühlt sich ein Erbe nicht oder nur unzureichend bedacht, kann er eine sogenannte „Pflichtteilsklage“ oder „Pflichtteilsergänzungsklage“ einreichen. Zuständig dafür ist das Verlassenschaftsgericht am Wohnort des Verstorbenen. Wurde die Verlassenschaft bereits an die Erben übergeben („Einantwortung“), liegt die Zuständigkeit beim örtlichen Gericht des Erben.

Jener Erbe, der pflichtteilsberechtigt ist und sich unzureichend bedacht fühlt, hat ab dem Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen Anspruch auf seinen Pflichtteil. Dies ist wichtig zu beachten, da ab diesem Datum ein etwaiger Anspruch auch zu verzinsen ist. Aktuell liegt der gesetzlich vorgeschriebene Zinssatz bei vier Prozent. Der Pflichtteilsanspruch kann allerdings erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers eingefordert werden (gesetzlich angeordnete Stundung des Pflichtteils).

Eine letztwillig angeordnete Stundung darf im Normalfall maximal fünf Jahre dauern, kann in Ausnahmefällen auf Antrag des Pflichtteilsschuldners vom Gericht auf zehn Jahre ausgedehnt werden. Eine Ratenzahlung innerhalb der Fünfjahresfrist kann seitens des Erblassers ebenso verfügt werden.

Bei Fragen und Unklarheiten zum Ehegattenerbrecht ist es jedenfalls ratsam, einen Anwalt für Familienrecht und Eherecht zu kontaktieren. Dieser hilft Ihnen dabei, Ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen oder vertritt Sie bei Streitigkeiten im Rahmen eines Verlassenschaftsverfahrens vor Gericht. Wenn Sie mehr über das Thema Erbrecht erfahren möchten, kontaktieren Sie uns gerne für ein unverbindliches Erstgespräch.

— veröffentlicht am 21.02.2024