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Peter Rittinger mit dem Erbrecht Formular

Erbrecht

Das Erbrecht ist in Österreich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) geregelt und behandelt jene rechtlichen Aspekte, die sich mit den Verlassenschaften von Verstorbenen an Hinterbliebene befassen. Der Anspruch auf ein Erbe kann gesetzlich begründet sein (gesetzliche Erbfolge), aufgrund eines Testaments („Letzter Wille“) entstehen oder durch einen Erbvertrag geregelt sein. 

Mit dem Erbrechtsänderungsgesetz von 2015, das 2017 in Österreich in Kraft getreten ist, kam es insbesondere zu Änderungen beim Pflichtteilsrecht sowie bei Testamentsvorgaben und den Enterbungsgründen.

Was regelt die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge („Parentelsystem“ / „Parentelensystem“) kommt dann zum Tragen, wenn kein Testament des Verstorbenen vorliegt. Anspruchsberechtigt sind in Österreich die nächsten Angehörigen des Verstorbenen. Die Höhe des Erbanteils richtet sich nach einem Aufteilungsschlüssel („Erbquote“), die dem Ehepartner ein Drittel der Verlassenschaft und den Kindern die weiteren zwei Drittel zugesteht.

Gibt es keine Kinder, also keine Erben in „erster Linie“, so kommt die „zweite Linie“ zum Zug: Das sind die Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen. Das Gesetz teilt die Verwandten des Verstorbenen in 4 Gruppen ein:

  • 1. Parentel: Kinder und Kindeskinder
  • 2. Parentel: Eltern und deren Nachkommen (Geschwister, Neffen, Nichten)
  • 3. Parentel: Großeltern und deren Nachkommen (Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen)
  • 4. Parentel: Urgroßeltern

Die Reihung der Erbfolge erfolgt nach dem Rang. Wichtig zu verstehen ist, dass immer nur ein Parentel erbt, niemals mehrere Parentele gemeinsam. Die Erbschaft wird dann anteilsmäßig unter den Mitgliedern eines Parentels (bspw. unter allen Kindern des Verstorbenen) aufgeteilt.

Was ist ein Pflichtteil und für wen bestehen Pflichtteilsansprüche im Erbrecht?

Wurden potenziell erbberechtigte Personen  im Testament des Verstorbenen nicht bedacht, so steht ihnen trotzdem ein gewisser Anteil am Verlassenschaftsvermögen zu – dies nennt man „Pflichtteil“. Anspruch auf den Pflichtteil der Verlassenschaft haben im Erbrecht in Österreich die nächsten Angehörigen: Das sind Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner sowie die Kinder des Verstorbenen. Seit 2017 (Inkrafttreten des Erbrechtsänderungsgesetzes) sind nur mehr Ehe- oder eingetragene Lebenspartner sowie Angehörige des 1. Parentels, also Kinder und Kindeskinder des Verstorbenen, pflichtteilsberechtigt. Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern gehen leer aus.

Die Höhe des Pflichtteils entspricht der Hälfte dessen, was dem Erben laut gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte. Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch. Haben die Pflichtteilsberechtigten bereits vor Ableben des Verstorbenen Vermögenswerte unentgeltlich erhalten, so müssen diese nach dem Ableben auf den Pflichtteil angerechnet werden, was zu einer betraglichen Kürzung des Pflichtteilanspruchs führt.  

Pflichtteils-Entzug

Der Entzug des Pflichtteils („Enterbung“) ist in gewissen Fällen möglich, und zwar dann, wenn der potenzielle Erbe:

  • vorsätzlich eine Straftat gegen den Verstorbenen begangen hat
  • dem Verstorbenen grobes Leid zugefügt hat
  • seine familiären Pflichten grob vernachlässigt hat
  • versucht hat, den letzten Willen des Verstorbenen zu vereiteln
  • zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Haft wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat verurteilt wurde

Pflichtteils-Minderung

Auch eine Minderung des Pflichtteils ist denkbar. Etwa dann, wenn niemals ein Naheverhältnis bestand oder wenn es für lange Zeit an einem (zwischen Familienangehörigen üblichen) Naheverhältnis fehlte und bereits „beginnende Entfremdung“ besteht. Hat der Verstorbene ohne ersichtlichen Grund oder berechtigen Anlass den Kontakt zum potenziellen Erben abgebrochen, besteht das Recht auf Pflichtteils-Minderung nicht.

Adoption und Erbrecht: Das sollten Sie wissen

Adoptivkinder sind im Erbrecht leiblichen Kindern gleichgestellt und haben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge dieselben Ansprüche wie ihre nicht adoptierten Geschwister. Da sie jedoch trotzdem aus rechtlicher Sicht die Kinder ihrer leiblichen Eltern bleiben, haben sie auch dahingehend Ansprüche auf ein Erbe („Erbrecht kraft Blutsverwandtschaft“).  

Welche Regelungen sieht das Erbrecht für Lebensgefährten vor?

Eingetragene Lebenspartner werden Ehepartnern mittlerweile gleichgestellt. Bei Lebensgefährten sah es bis vor ein paar Jahren noch anders aus: Sie hatten bis 2017 keinen Anspruch auf den erbrechtlichen Pflichtteil. Doch mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz kam es auch hier zu deutlichen Verbesserungen: Neu ist das „Sondererbrecht für Lebensgefährten“. Es sieht unter anderem vor, dass dem Lebensgefährten des Verstorbenen die gesamte Erbschaft zufällt, sofern kein gesetzlicher Erbe vorhanden ist. Voraussetzung ist weiters, dass die Lebensgefährten zumindest in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen im gemeinsamen Haushalt gelebt haben.

Somit erhält der Lebensgefährte ein sogenanntes „nachrangiges“ gesetzliches Erbrecht. Ein Pflichtteilsanspruch besteht hingegen nicht. Sind alle Voraussetzungen erfüllt (Status als Lebensgefährte, gemeinsamer Haushalt, mind. drei Jahre zusammengelebt, keine gesetzlichen Erben), fällt der gesamte Nachlass dem Lebensgefährten zu. Sind allerdings gesetzliche Erben vorhanden, ist eine testamentarische Verfügung notwendig, um den Lebensgefährten im Todesfall zu begünstigen.

Lebensgefährten: Gesetzliches Vermächtnis

Neben dem außerordentlichen Erbrecht für Lebensgefährten gibt es auch die Möglichkeit des gesetzlichen Vermächtnisses. Dieses umfasst das Recht des überlebenden Lebensgefährten, weiter in der gemeinsamen Wohnung zu wohnen sowie die zum Haushalt gehörenden Einrichtungsgegenstände und technische Geräte zu benutzen.

Es handelt sich dabei um ein Benützungsrecht. Auch hier ist die Voraussetzung, dass die beiden Lebensgefährten mindestens drei Jahre im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und dass keiner der beiden zum Zeitpunkt des Todes verheiratet war oder in einer anderen eingetragenen Partnerschaft gelebt hat. Das Recht gilt befristet für ein Jahr ab dem Tod des Verstorbenen.

Fazit

Das Erbrecht in Österreich ist ein komplexes Thema und wurde dank des Erbrechtsänderungsgesetzes 2017 reformiert. Seither werden auch Lebensgefährten in der Erbfolge berücksichtigt. Wenn Sie mehr über das Thema Erbrecht erfahren möchten, kontaktieren Sie uns gerne für ein unverbindliches Erstgespräch. Wir unterstützen Sie in puncto Testament, Nachlass, gesetzlicher Erbfolge und vielem mehr.

— veröffentlicht am 01.03.2023